Wenn die materiellen, sozialen oder psychischen Ressourcen knapp werden, entlädt sich die Frustration vor allem auf dem Rücken schwacher und diskriminierter Menschen. Nicht nur Kinder, Frauen, Ausländer und Behinderte gehören zu den bevorzugten Opfern von Gewalt, sondern auch – von der Öffentlichkeit oft kaum wahrgenommen – alte Menschen. Nährboden der Gewalt gegen Senioren ist die latente Altenfeindlichkeit unserer Gesellschaft, für die es im Englischen den Begriff „ageism“ (in Anlehnung an „racism“ und „sexism“) gibt.
Gewalt gegen alte Menschen geht weit über körperliche Misshandlungen und die Fälle, die in der Zeitung stehen, hinaus. [...] Während Missstände in Krankenhäusern oder Pflegeheimen zumindest hin und wieder den Weg in die Öffentlichkeit finden, ist Gewalt in den eigenen vier Wänden nach wie vor ein großes Tabuthema. Dabei ist gerade der Alltag der Pflege zu Hause oft von Überforderung geprägt. Und man weiß, dass Überforderung neben schlechten sozioökonomischen Bedingungen einer der stärksten Risikofaktoren für die Entstehung von Gewalt ist.
Von WHO und UNO wurde der 15. Juni zum „World Elder Abuse Awareness Day“ erklärt.
Bandbreite der Gewalt
Gewalt durch aktives Tun
• körperliche Misshandlung gegen alte Menschen: z.B. Schlagen, Verbrennen, Immobilisieren (etwa durch Festbinden an Möbelstücke), Verwendung von Gitterbetten, Verabreichung von deutlich überdosierten Medikamenten, sexueller Missbrauch
• psychische Misshandlung und „Verletzungen der Seele“: z.B. Beschimpfungen, Verunglimpfungen, Einschüchterungen, Drohungen, Ausdrücken von Verachtung
• finanzielle Ausbeutung: entweder von Geld oder Vermögensbestandteilen, Unterbindung der Verfügungsmacht, Pressionen zur Eigentumsübertragung
• Einschränkung des freien Willens: z.B. Unterbindung der freien Wahl des Wohnorts, Behinderung oder Manipulation in der Abfassung des Testaments, Zwang zu Verhaltensweisen Vernachlässigung durch Unterlassung von Handlungen
• passive Vernachlässigung: z.B. Mangelernährung, Zulassung von Dehydration oder der Entwicklung von Druckgeschwüren
• aktive Vernachlässigung: z.B. keine Reinigung des Bettes, Verweigerung hinreichender Pflege, des Waschens, Verweigerung der Versorgung mit Essen, mit Medikamenten
• psychische Vernachlässigung: z.B. Alleinlassen, Isolierung, beharrliches Schweigen
Josef Hörl, „Gewalt gegen alte Menschen“
Volltext und Quelle:
http://www.geriatrie-online.at/dynasite.cfm?dssid=4285&dsmid=72250&dspaid=569428
fppg - 13. Jun, 09:46